Siedlung der Vertriebenen
Auf dem Boden liegen Kontoauszüge und Urkunden, auf dem Sofa steht ein Globus und ein Teddy und in der Küche warten ausgelaufene Lebensmittel auf die Mülltonne. Es sind Szenen, die so unglaublicher nicht sein können und doch real sind. Sie sind die Überreste eines langen Kampfes zwischen Mieter und Eigentümer. Als in den achtziger Jahren diese kleine Siedlung gebaut wurde, war die Welt noch in Ordnung gewesen. Nach der Wende wurde die kleine Siedlung privatisiert. Mit dem letzten Eigentümerwechsel kamen auch langsam die Probleme. Die Gebäuden wurden kaum noch gewartet und defekte Klingelanlagen und kaputte Wasserleitungen gehörten zum Alltag der Mieter. Die Völkerwanderung begann und ein Großteil der Wohnungen stand leer und verkam. Die letzten Mieter, die nicht gehen wollten, machten auf die Probleme in der Siedlung aufmerksam. Auf ein mal wurde auch noch die Versorgung der Gebäude stillgelegt. Die Mieter feierten über viele Jahre hinweg eiskalte Weihnachten und letztendlich gaben auch sie auf und suchten sich eine neue Bleibe. Bis heute versprüht die kleine Siedlung einen tristen, ungepflegten und vor allem morbiden Charme. Man mag es bei dem äußeren Anblick der Gebäude, normalerweise würde man weiterfahren, kaum zu glauben, dass es noch eine Vielzahl an möblierte Wohnungen in den Gebäuden gibt. Zurückgelassen wurde fast alles: Unterlagen, Zeugnisse, Urkunden, Kreditkarten, Spielzeug, Möbel und vieles mehr.